Die anderen Merkmale von Hochbegabung 3: Hochsensibel

Schneiden Sie auch die Etiketten aus Ihren T-Shirts? Verwenden Sie nur geruchsneutrale Shampoos? Oder wird Ihnen vielleicht schlecht, wenn Sie künstlich aromatisiertes Erdbeereis riechen? Viele Hochbegabte sind hochsensibel und gehen mit geschärften Sinnesorganen durch das Leben. Ihre Antennen sind feiner abgstimmt, und dadurch nehmen sie Dinge wahr, die für andere unter der Toleranzschwelle liegen.
Das grelle Licht der Lampen im Büro, die Geschmacksverstärker im Kantinenessen, das Ticken der Wanduhr oder der Plastik-Geruch des neuen Teppichbodens können ihnen schwer zusetzen. Doch wer über solche Kleinigkeiten klagt, der wird von seiner Umgebung schnell als übertrieben empfindlich eingeschätzt. Und empfindlich sein hat – wie so viele andere Eigenschaften, die mit Hochbegabung einher gehen, einen negativen Unterton in unserer Gesellschaft. Eine gewisse Unempfindlichkeit wird als Reife gesehen. Eine Naht in der Socke – da was muss man als Erwachsener doch drüber stehen!
Wenige Ausnahmen gibt es: Von einem berühmten Musiker wird nicht erwartet, dass er sein feines Gehör Klängen aussetzt, die ihn irritieren. Einem Sternekoch nimmt man ab, dass ihm übel würde, wenn er in der Schulkantine essen müsste. Aber solche Empfindlichkeiten dürfen nur die zeigen, die es schon zu etwas gebracht haben.
Das Kind aber, das hochsensibel ist und über den Geräuschpegel im Klassenraum klagt oder dass sich weigert, den stinkenden Tafelschwamm anzufassen, wird selten ernst genommen. Es soll sich nicht anstellen, soll sich an die Reize gewöhnen, die Überreizung hinnehmen. Hinter dieser Pädagogik scheint die Hoffnung zu stehen, dass auf die Dauer – eben als Zeichen der Reife – eine gewisse Abstumpfung eintritt. Dass die Überempfindlichkeit vorrübergeht. Wir signalisieren diesen Kindern, dass es schlecht ist hochsensibel zu sein, dass sie ihre Sinne auf das normale Maß zurückschrauben, sich vor dem, was ihre Antennen wahrnehmen abschließen und ihrer eigenen Empfindlichkeit nicht vertrauen sollen.
Wem man nicht zugesteht, über kratzende Etiketten zu klagen, dem hat man den Zweifel an der eigenen Wahrnehmung eingeimpft. Kein Wunder, dass so viele hochbegabte Erwachsene Schwierigkeiten haben, ihren eigenen Sinnen zu vertrauen, ihrem Körper zu glauben, ihrer Intuition zu folgen!!!
liebe nathalie!
gerade eben habe ich dieses blog entdeckt und fühle mich gleich sehr wohl hier!
oh wie gut ich das kenne, diese genervte abwertung meiner lebendigen sinne "du immer und deine befindlichkeiten …." – "du meinst immer, man wollte dir was …" – "du bis ene intellijenzbestije …" tbc … in verbindung mit dem unausgesprochenen imperativ "sei eine andere!"
jaja. mein mensatauglicher iq macht mir mein leben nicht unbedingt leichter. dafür aber bisweilen sehr spannend:
unter anderem habe ich mich auch in deinen texten zu gedankensprüngen und lückenhaften gesprächen wiedergefunden. und in der skizze zu drei stunden am vormittag. wie köstlich – und welch eine beruhigung für die seele!
großes DANKE für deine schilderungen und für die vielen anregungen – und für deine wunderbaren comics. welch eine augenweide, und auch mein kopf fühlt sich geschmeichelt 😉 !
Liebe mo jour! Danke, danke für den lieben Kommentar – es tut doch seeehr gut wenn die weite Welt der Blogleser sich hin und wieder in einzelnen Personen und Kommentaren zeigt! Nur für den Äther schreiben is langweilig.
Grüße, Nathalie
Herzlichen Dank für diesen Blog. Ich finde mich so sehr darin wieder, das es schon beinahe
komisch ist ;-). Selbst meine Mutter meinte, als ich klein war, ich solle mir bei lautem Glockengläut oder dem Geheul in einer Geisterbahn nicht immer die Ohren zuhalten. "Das wäre peinlich. Das macht man nicht." Das ist nur ein Auszug aus meiner nicht gerade rühmlichen pre-schulischen und schulischen Laufbahn.
Seit geraumer Zeit weiß ich nicht zuletzt dank meines Freundes, der auch ein HB ist, dass mein sehr hoher IQ ein Geschenk ist. Endlich habe ich mich gefunden und kann meine äußerst vielseitigen Interessen mit allen Sinnen genießen.
Danke für den Kommentar!
Schade, dass so viele Eltern sich schämen, wenn ihre Kinder ehrlich und direkt auf ihre Umwelt reagieren. Oft haben die Eltern wohl als Kinder auch schon gelernt, dass es peinlich ist sich die Ohren zuzuhalten u.s.w. und versuchen als Erwachsene noch sich so unauffällig möglich zu verhalten.
Aber wenn allmählich immer mehr HB erkennen dass das Anderssein auch "ein Geschenk" ist, vielleicht geben wir dieses negative Erbe des "Sinne unterdrückens" dann nicht mehr an die nächsten Generationen weiter…
Grüße von Nathalie
Hallo Nathalie!
Ich bin bei der Suche nach Überempfindlichkeiten auf Deinen Blog gestoßen. Meine Töchter scheinen nämlich beide extrem viel davon mitbekommen zu haben. Emma (fast 4) stört sich an lauten und permanenten Geräuschen. Sie hat uns auch schon mehrmals zum Schweigen aufgefordert… 😉
Luna (fast 2) ist extrem geruchsempfindlich. Ich empfinde es nicht als störend, manchmal tut es mir nur weh zu sehen, wie sie mit dem Brechreiz kämpft, während ich rein gar nichts rieche.
Dass die beiden mit wertvollen Gaben und geschärften Sinnen ausgestattet sind, erfüllt mich mit Glück. Unterdrücken würde ich dies niemals. Leider werden nicht nur Hochbegabte/überdurchschnittlich Intelligente ihrer Sinne "beraubt". Die meisten Kinder müssen doch in unserer Gesellschaft Sätze wie "Ist doch nicht so schlimm!", "Heul' nicht rum!" "Das kannst Du noch nicht!" ertragen. Ihr Selbstgefühl und Selbstvertrauen werden dermaßen zerstört, dass oft nur ein betäubter Ausdruck in ihrem Gesicht zu erkennen ist.
Vielen, vielen Dank für Deinen Beitrag und Deinen ganzen Blog. Hier werde ich öfter mal vorbeischauen.
Liebe Grüße,
Amanda