Eine neue Art Business-Plan

Ich mache es dieses Mal anders: Ich gründe erst und dann kommt der Business-Plan. Weil ich gemerkt habe, dass ich mit einem normalen Business-Plan nicht viel anfangen kann – dazu gleich mehr. Mir ist klar geworden, dass ich eine neue Art Business-Plan erfinden muss, eine die zu mir, meinem Denken und meinen Werten passt. Und das kam so:

Mit 30, ich war Mutter von zwei kleinen Kindern und lebte in Amsterdam, wollte ich eine Firma gründen. Ich hatte neben dem Studium in verschiedenen kleineren Organisationen gearbeitet und gemerkt, dass dort viel Beratungsbedarf bestand, man die Kosten für eine ausführliche Unternehmensberatung aber scheute. Bei der Amsterdammer Handelskammer stellte ich meine Idee vor: Unternehmensberatung im Abo oder per Zehnerkarte. Zwei gestandene Unternehmer saßen mir gegenüber und waren begeistert. Mit ein paar Tipps zur Gründung und dem Rat, die Preise nicht zu niedrig anzusetzen, wurde ich ins Unternehmertum verabschiedet.
Nathalie bei mit zwei Gründerberatern, die ihr Tipps geben
Mir war mulmig. Das sollte alles gewesen sein?
Ich meldete mich für ein Unternehmertraining an der Universität an, ein spannender Kurs zu dessen Abschluss wir unseren Business-Plan präsentierten. Es war erstaunlich: Ich konnte eine Jury aus Bankern und Unternehmern von meinem Vorhaben überzeugen! Ich bekam viel Beifall, ein paar praktische Tipps und eine Menge väterlicher Rückenklopfereien.
Nur ich selbst war immer noch nicht überzeugt.

Damals dachte ich, ich wäre schlichtweg feige. Aber inzwischen finde ich es sehr verständlich, dass ich Muffensausen bekam. Denn ich hatte keine Ahnung vom Unternehmertum. Ich hatte einen Businessplan mit ein paar Excel-Tabellen und einer Mission. Aber ich konnte mir nicht vorstellen, wie meine Tage als Unternehmerin aussehen würden. Was tut man als Geschäftsführerin einer Zehnerkarten-Firma so? Wie bekommt man Aufträge? Wie schreibt man Rechnungen?

Logo und Visitenkarte - danach nur noch Fragezeichen

Vor allem aber fehlten mir Bilder:

 

Mir fehlten Bilder vom Unternehmertum

Meine Eltern sind Ärzte und mein Bild vom Unternehmen sah daher lange so aus: Man hängt ein weißes Schild ans Haus und dann kommen die Leute von selbst. Mir war zwar klar, dass das bei einer Unternehmensberatung nicht ganz so funktionieren würde – aber ich konnte das Bilder-Vakuum nicht füllen.
Der einzige echte Unternehmer, den ich in meiner Jugend kannte, war mein Opa. Er stellte Mobilheime her, Holzhäuser auf Rädern, aber für mich bestand seine Unternehmung vor allem aus jenem von mir sehr geliebten Feriendorf am Pulvermaar. Am Ende der Ferien, kurz vor der Abfahrt, machte er immer eine Runde entlang der Duschautomaten. Mit einem kleinen Schlüssel öffnete er die Automaten und ich durfte die unendlich vielen Eine-Mark-Münzen herausholen. Einmal hat er die Münzen in der Eile in die Tasche seines Sakkos gesteckt. Auf dem Autobahnparkplatz trat ich ihm aus Versehen auf seinen Gischt-Zeh und er sprang vor Schmerzen in die Höhe. Dieses Bild – ein Regen von Eine-Mark-Münzen, der sich über den Parkplatz ergießt – so sah ich als Kind das Unternehmertum. Dass das Feriendorf eher ein Herzensprojekt neben anderen, lukrativeren Einnahmequellen war, ist mir erst später klar geworden.

Mir fehlten Bilder von mir als Unternehmerin

Die Banker und Unternehmer, die meinen Business-Plan so bejubelt hatten, waren alles Männer. Männer in Anzügen. Männer, die mit Worten wie Gewinnmaximierung und Wachstum um sich schmissen. Damals fiel mir zwar auf, dass ich nur Männer als Berater hatte, aber ich zog daraus keine Schlüsse, machte mich nicht auf die Suche nach weiblichen Vorbildern. Oder nach Männern in Jeans, nach UnternehmerInnen, mit denen ich mich identifizieren konnte.
Ich war zu unsicher, zu sehr in Ehrfurcht. Dabei waren diesem Männer von meinem Leben so weit entfernt, dass mir ihr Rat wie Geschichten aus fernen Ländern vorkam. Ihr Lob war für mich nicht glaubhaft, weil es nichts mit mir zu tun haben schien. Und an ihren Ratschlägen zweifelte ich. Zurecht, denn sie hatten sich nicht die Mühe gemacht, mich und meine Motive, mein Vorwissen und meine Erfahrungen kennenzulernen. Ihr Urteil hatte sich allein auf die Zahlen und Slogans in meinem Business-Plan bezogen.

Mir fehlten Bilder von meinem Herzbizz

Nicht nur Bilder fehlten mir – auch die Werte machten mir zu schaffen. Als ich den Herren im Anzug von meiner Leidenschaft für Not-for-Profit-Organisationen erzählte, lächelten sie mitleidig und rieten, mir das aus dem Kopf zu schlagen. Aber das wollte ich nicht.
Gründerberatung und blutendes Herz
Mir war immer schon klar, dass ich nur auf eine Weise unternehmen kann, die zu meinen Werten passt. Nur wie das geht, davon hatte ich keine Ahnung. Natürlich hatte ich genug Organisationen erlbt, die nur durch die Selbstausbeutung ihrer Mitarbeiter überlebten. Und jede Menge Herzblut-Unternehmen, die durch Nebenberufe bezuschusst wurden. Das wollte ich nicht. Ich wollte mit meiner Unternehmung meinen Lebensunterhalt verdienen und dennoch meinen Werten treu bleiben. Ende der Neunziger Jahre kannte ich solche Unternehmungen noch nicht. Heute gibt es viele Beispiele von Betrieben, die andere Ziele haben als Gewinnmaximierung. Ich finde das beruhigend und inspirierend.

Ich brauche eine neue Art Business-Plan

Ich kann wohl Business-Pläne schreiben die andere überzeugen – jetzt will ich einen machen, an den ich selbst auch glauben kann. Einen inneren Business-Plan der meinen Werten gerecht wird und ein Bild von meiner Unternehmung malt, das ich mir wirklich vorstellen kann. Zahlen und Business-Slang reichen dafür nicht. Damit er zu mir passt, muss der Business-Plan visuell und farbig sein, meinem kreativen Hirn entsprechen und mein Herz berühren. Und dieser Plan wird hier in diesem Blog wachsen. Ich freue mich auf dieses Abenteuer!

[box type=”shadow”]Was sind deine Erfahrungen mit Unternehmen? Welches Bild hast du von dir als UnternehmerIn? Und hast du schon mal einen Business-Plan geschrieben, der dich selbst überzeugt hat? [/box]

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6 Antworten auf “Eine neue Art Business-Plan”

  1. Was für ein großartiger und mutmachender Post. Wie recht zu hast. Und was für ein spannendes Abenteuer du vor dir hast.
    Ich stehe vor demselben Punkt. Ich hatte auch schon mal gegründet vor Jahren, aber irgendwie hat es nicht hingehauen, obwohl alles so professionell aussah und klang. Aber heute weiß ich: Das war so ein Schablonen-Business, da war so viel Imitation dessen, was ich für eine erfolgreiche Unternehmerin hielt. Aber das Herz, ich selbst, meine ganzen persönlichen Eigenheiten, die doch den Unterschied machen, waren irgendwie nicht dabei.
    Ich verfolge jetzt gespannt deine neue Gründung und drücke dir ganz fest die Daumen. Liebe Grüße, Katharina

    Antworten

    1. Nathalie Bromberger 1. Mai 2015 um 21:16 Uhr

      Liebe Katharina, danke fürs Daumendrücken! Spannend, dass du dich auch gerade (wieder) mit Gründen beschäftigst – ich drücke dir auch die Daumen und höre gerne mehr darüber. Ich glaube, der Austausch und das gegenseitige Ermutigen sind schon ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Glück beim Unternehmen. Liebe Grüße!

      Antworten

      1. Hallo, Hallo,
        ich freue mich echt hier bei Dir gelandet zu sein. Ich werde hier noch bei dir stöbern und freue mich evtl. auch darauf Dich auf meiner Seite mal verlinken zu dürfen. Ich hatte auch eine sehr ähnliche Erfahrung und stecke auch noch aktuell in einem anfänglichen Prozess der Selbstständigkeit die aus dem Herzen kommt. Auch das mit dem Verlag kommt noch auf mich hinzu. Deshalb schon mal vielen Dank für Deine ganzen Texte die sehr hilfreich sind.
        谢谢

        Antworten

        1. Nathalie Bromberger 18. September 2015 um 12:20 Uhr

          Das klingt spannend, Philipp. Halt mich auf dem Laufenden, was die Verlagsgründung usw betrifft!
          Viele Grüße,
          Nathalie

          Antworten

  2. Liebe Nathalie,
    ich wollte dir Danke sagen für deine wunderbaren Blogposts und deine Newsletter. Ich habe einige sogar schon mehrmals gelesen – weil ich deine Art zu denken mag und weil ich mich unglaublich ermutigt fühle.
    Ein kreatives Business aufzuziehen klingt erstmal völlig unmöglich. Und dann liest man bei dir, dass es viele tausend Wege gibt, das zu tun! Besonders liebe ich deine Idee, Pläne und Visionen zu zeichnen, statt in einem Businessplan aufzuschreiben. Seitdem ich das hier gelesen habe, nutze ich die Methode für mich und merke, dass es mir einen ganz anderen Rückenwind gibt.
    Insofern: Danke, dass du deine Erfahrungen und Ideen teilst. Frohe Weihnachten und ein superduper Jahr 2016! Franziska

    Antworten

    1. Liebe Franziska,

      es freut ich, dass meine Blogposts, dich stimulieren, deine eigenen Visionen zu zeichnen. Wenn du magst, erzähl mal mehr davon.
      Dir auch ein tolles und inspirierendes neues Jahr voller Rückenwind! Nathalie

      Antworten

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