Warum haben so viele Hochbegabte und Kreative ein negatives Selbstbild?

Ich beschäftige mich schon länger mit der Frage, warum so viele wunderbare Menschen trotz ihrer vielen Begabungen ein negatives Selbstbild haben. Wenn Erwachsene sich für ein Coaching anmelden, wird das oft schon beim ersten telefonischen Kontakt deutlich. “Ich krieg nichts hin”,  sagen sie. Oder “Ich passe nirgendwo rein”. “Ich kann mich einfach nicht anpassen”. Wie oft habe ich solche Sätze, nicht gehört? Und wie oft stellt sich beim Coaching dann heraus, dass diese unsicheren Wesen durchaus sehr viel “hingekriegt” haben: Ein Studium abgeschlossen, vielleicht sogar einen Doktortitel, Erfahrung in verschiedenen Berufen, Reisen, soziales Engagement. Vor mir sitzen Menschen mit vielen Begabungen und Fähigkeiten. Aber sie sind nicht stolz auf ihre Leistungen, nicht zufrieden mit sich selbst. Woher kommt dieses negative Selbstbild?

Sich “anders” erfahren

Interessanterweise habe ich auch mit Kindern verschiedener Altersstufen gearbeitet und konnte beobachten, wie sich das Selbstbild dieser jungen Begabten im Laufe der Zeit änderte. In meinen Erfinderkursen hatte ich mit 5 bis 12jährigen zu  tun und als Lerntherapeutin habe ich mit 7 bis 15jährigen gearbeitet. Dabei fiel mir auf, dass die jungen Kinder oft noch ein sehr positives Selbstbild hatten. Gerade die kleinen Hochbegabten waren voller Elan und großer Pläne, fühlten sich kompetent und hatten wenig Zweifel an ihren Fähigkeiten. Ein paar Jahre später war das schon anders: Spätestens beim Eintritt der Pubertät erfuhren die meisten dieser Kinder sich  selbst auf negative Weise als “anders”. Wenn die Grundschulzeit nicht so gut verlief, fingen die Selbstzweifel aber auch schon mit sieben oder acht Jahren an. Irgendwann im Laufe ihres jungen Lebens bekommen wohl sehr viele begabte und kreative Kinder das Gefühl, sich nicht wie andere verhalten zu können. Die Umgebung spiegelt ihnen ihr Anderssein und es fällt ihnen selbst auf. Schließlich haben viele von ihnen besonders gute soziale Antennen. Immer wieder merken sie, dass sie nicht wie ihre Altersgenossen sind. Dass sie nicht “dazu gehören”. Und das werfen sie sich vor. Sie finden sich zu ruhig oder zu laut, zu frech oder zu brav, zu ängstlich oder zu dominant. Und manchmal beide dieser Pole: Im Allgemeinen fühlen sie sich zu zurückhaltend, aber wenn sie dann mal was sagten, finden sie sich sofort wieder zu auffällig, zu anwesend.

Als “anders” definiert werden

Nun spielt sich all das nicht nur im Gehirn der jungen Begabten ab. Die Umgebung tut auch ihr Bestes, die begabten Kinder zu verunsichern. Denn Eltern, KindergärtnerInnen und Lehrkräfte spüren auch, dass das Kind, das vor ihnen steht, “anders” ist. Eltern reagieren oft mit Verunsicherung, wenn sie solche Spuren von “Anderssein” an ihrem Kind entdecken. Wahrscheinlich, weil sie sofort vermuten, dass an ihrem Kind etwas “falsch” sein könnte.  Ich weiß noch, wie verunsichert ich als junge Mutter war, wenn ich mit anderen Müttern und Kindern zusammensaß und die anderen Babys sich zufrieden auf den Schößen ihrer Mütter räkelten, während meine Tochter schon mit 6 Monaten alle Ecken des Zimmers erkundete, vollkommen uninteressiert an ihrer Mutter. Mir kamen damals auch Gedanken wie: “Mache ich etwas falsch, dass sie nicht bei mir auf dem Schoß sitzen will?”.
Lehrkräfte und KindergärtnerInnen merken auch, dass das Kind “anders” ist und in vielen Fällen scheinen dann leider sofort die Alarmglocken in den Köpfen der Erzieher loszugehen. Wie oft landeten nicht Kinder bei mir in der Lerntherapie, weil die Lehrkräfte vermuteten, dass diese Kinder “sozial unreif” seien oder eine Lernstörung hätten. Nur weil sie erst mal aus der Ferne zuschauen wollten, bevor sie bei einer Gruppenaktivität mitmachen wollten. Oder weil ein Junge nicht zurückschlug.
Solche Momente, in denen ihnen die Umgebung spiegelt, dass sie anders sind,  prägen das Selbstbild begabter und kreativer Menschen. Und es gibt unzählige solcher Momente.

Nicht wissen, warum

Dass die Umgebung den Kindern spiegelt, dass sie “anders” sein, müsste nicht zu einem negativen Selbstbild führen. Wenn wir in einer Kultur leben würden, in denen es selbstverständlich ist, dass alle Menschen anders und einzigartig sind, würde ein Kind, das sich als anders erfährt, vielleicht nur mit den Schultern zucken und weiter spielen. Doch so weit sind wir längst noch nicht. Unausgesprochen herrschen immer noch jede Menge Vorstellungen davon, was “normales Verhalten” ist.  Und hochbegabte und kreative Kinder entwickeln sich in manchen Punkten ja tatsächlich anders als die Mehrzahl der Altersgenossen. Viele spüren früher eine eigene Motivation, entwickeln früher eine eigene Moral und hinterfragen Autoriät. Das Problem ist nicht, dass diese Kinder sich anders verhalten, sondern dass sie nicht wissen, warum sie es tun. Weil wir ihnen nicht erklären, was mit ihnen “los” ist, ziehen sie ihre eigenen Schlüsse. Sie vergleichen sich mit anderen und stellen fest, dass sie selbst nicht der Norm entsprechen. Da wir ihnen kein anderes Erklärungsmodell geben, bleibt ihnen nur, sich selbst als “falsch” zu beurteilen.

“Falsch” sein

Dieses Gefühl “falsch” zu sein zieht sich bei vielen begabten Menschen dann durch ihr ganzes Leben. Sie sind sich selbst suspekt und unheimlich. Sie hassen sich, weil sie es nicht schaffen “normal” zu sein. Sie wünschen sich “eine andere” zu sein. Wollen all die Eigenschaften, die sie als “falsch” erfahren loswerden. Und sind daher in einem fortwährenden Zweikampf mit sich selbst. Versuchen, das “falsche” Selbst zu unterdrücken und sich ein anderes zu erarbeiten. Damit unterdrücken sie aber auch das, was ihre Persönlichkeit ausmacht. Fragen, die sie treiben. Kräfte, die in die Welt wollen. Wünsche, die aus dem Herzen kommen. Indem sie ihre wahre Persönlichkeit unterdrücken, unterdrücken sie das, was ihnen Energie gibt, was sie lebendig macht. Daher stammt das Gefühl “nichts” hinzukriegen: Sie kriegen viel hin, aber nicht das, was sie eigentlich tun wollen, was in ihrem Innern funkelt und glüht und sich äußern möchte. Weil sie sich selbst so einschränken, kriegen sie aber auch das nicht hin, was sie von sich erwarten: Sie kriegen Ärger mit Kollegen oder Chefs. Sie wechseln immer wieder den Job und machen dadurch nie die Karriere, die ihren Fähigkeiten entsprechen würde. Sie gründen eine Unternehmung aber geben nach kurzer Zeit auf, weil sie von Selbstzweifeln überrannt werden.

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Verborgene Begabungen

Erst wenn begabte Menschen erkennen, dass das, was ihnen bisher an ihrer Persönlichkeit “falsch” schien, nicht nur in Ordnung ist, sondern direkt mit ganz wunderbaren Fähigkeiten zusammenhängt, können sie anfangen, sich selbst wertzuschätzen. Allmählich verschwinden dann die Kratzer und Brüche im Selbstbild und entsteht ein neues Selbstbild. Eins, das nicht auf Vorstellungen von “Normalität” baut, sondern genau das abbildet, was ihrer einzigartigen, schillernden Persönlichkeit entspricht. Dafür aber brauchen sie Bilder und Worte. Bilder und Worte für all jene Aspekte ihrer Person, die sie bisher nicht erkennen konnten. Eigenschaften, die bisher nur negativ definiert waren, bekommen eine neue Bedeutung, wenn wir sie im Zusammenhang mit den dahinter verborgenen Begabungen sehen:

  • Ein Kind, dass starke soziale Antennen hat, genau fühlt, was in Gruppen vor sich geht oder die Gefühle von anderen Menschen spüren kann, ist natürlich “zurückhaltend”. Denn es bekommt in einer Gruppe so viele Informationen, dass es eine Weile braucht, um diese Informationen zu verarbeiten.
  • Hochbegabte Kinder nehmen oft schon in jungem Alter viele Gefahren wahr. Sie haben aber noch nicht die Erfahrungen von Erwachsenen und wissen daher nicht, welche Gefahren wahrscheinlich sind. Solche Kinder werden oft als “zu ängstlich” beschrieben. Aber aus dem Wissenshorizont des Kindes können diese Ängste durchaus vernünftig sein.
  • Kreative Kinder hören von der Umgebung oft, dass sie chaotisch, unordentlich oder unkonzentriert sind. In Wirklichkeit aber folgen sie oft einer anderen Ordnung. Sind in ihren kleinen Köpfen schon mit großen kreativen Themen beschäftigt. Nur merkt die Umgebung das nicht, weil die Kinder ihre Erfahrungen noch nicht ausdrücken können.

 

Worte und Bilder finden

Statt Kinder, die sich anders als ihre Altersgenossen verhalten, irgendeines “Abweichens” zu verdächtigen, sollten wir neugierig auf sie zugehen. Dann werden wir überrascht feststellen, dass ihr “seltsames” Verhalten eine Logik hat, aus der Perspektive des Kindes sinnvoll ist. Henry David Thoreau hat diesen Gedankengang schon vor so langer Zeit in so schöne Worte gefasst: If a man does not keep pace with his companions, perhaps it is because he hears a different drummer.
Wenn ich in den vielen Jahren als Lerntherapeutin und Coach etwas gelernt habe, dann ist es, offen zu bleiben. Immer wieder, bei jedem Kind, in jeder Stunde aufs Neue zu fragen: “Wo bist du gerade und was bewegt dich?”. Denn die Kriterien, die wir formulieren, um Menschen und ihr Verhalten einschätzen zu können, verstellen uns immer wieder den Blick. Sie verhindern, dass wir neugierig entdecken, wer da vor uns sitzt. Oder rennt, kreischt, daumenlutscht. Menschen sind so einzgartig, dass wir sie mit Kategorien nicht fassen können. Statt Menschen in Begriffe zu pressen, sollten wir für jeden Menschen neu nach Worten und Bildern suchen, die ihren oder seinen einzigartigen Fragen, Wünschen und Begabungen gerecht werden. Und das Besondere ist: Wenn wir den Kindern zuhören, nachfragen, uns von ihnen ihre Innenwelt mitnehmen lassen, dann tauchen diese Begriffe ganz von selbst auf. Die meisten Kinder können ihre Erfahrungen sehr wohl in Worte fassen. Nur sind es andere Begriffe, als wir selbst verwenden würden. Und so bereichern wir – wenn wir uns auf den Dialog einlassen – im Dialog mit den Kindern auch unsere begriffliche Welt. Wir entdecken mit den Kindern Unterschiede und Gemeinsamkeiten und jede Menge spannende Fragen, die es zusammen zu erforschen gibt.

Wieder Kind werden

Wenn ich im Coaching mit Erwachsenen versuche, Bilder und Worte für die Begabungen zu finden, fällt das denen sehr viel schwerer als den Kindern. Sie tragen schon Jahrzehnte an Zuschreibungen, Glaubenssätzen, Scham und Schuldgefühlen mit sich. In so einer Situation zu sagen: “Sieh dein Anderssein doch einfach mal positiv” würde an all dem vorbeigehen, was diese Menschen erfahren haben. Es ist ihre Erfahrung, dass viele ihrer Eigenschaften, in unserer Kultur negativ definiert werden und der Verstand lässt nicht zu, da jetzt einfach etwas anderes zu behaupten. Deshalb führt der Weg zum positiven Selbstbild bei Erwachsenen über das Kind, das jede(r) von uns noch in sich hat. Denn wenn diese Erwachsenen sich wieder an das Kind erinnern, das sie mal waren, dann können sie all das wieder spüren, was sie so lange vergessen hatten: Die Begeisterung, mit der sie die Welt erforscht haben. Den Spaß bei kreativen Projekten und wilden Spielen. Die Lust am Wissen, die Leidenschaft des Schaffens. Dann kommen Worte und Bilder und jede Menge Energie.  Und dann verfließen die Grenzen zwischen dem vernünftigen Erwachsenen und dem lebenslustigen Kind. “Ich will das nicht mehr hergeben”, sagte mir eine Coachingklientin, nachdem sie das bunte fröhliche Kind gemalt hatte, das sie einst war. Früher hätte ich ihr eine Antwort gegeben, inzwischen weiß ich, dass ich in solchen Momenten schweigen kann. Kinder und Erwachsene wissen tief in sich sehr gut, was gut für sie ist. Sie brauchen oft nur die Ermutigung, sich selbst zuzuhören.
“Und das brauche ich auch nicht!”, rief sie plötzich. Und dann stand sie auf und stampfte auf und lachte über sich selbst, weil sie sich noch daran gewöhnen musste, so aufzutreten. Sie hatte entdeckt, dass sie dieses lebendige und bunte Kind immer noch war, ein bisschen älter jetzt, mit ein paar Falten und einer langen Leidensgeschichte, aber immer noch genau so kreativ und voller Wissensdurst und  spannenden Ideen. Tief in uns verborgen wartet unser positives Selbstbild auf uns. Wir müssen es nur ausgraben und uns mit ein paar Kratzern im Lack anfreunden.

Zum Thema Selbstbild habe ich auch zwei Videos gemacht. Du findest sie hier:
Kreative Übung zu Selbstbild und Selbstbewusstsein 
Wie werde ich selbstbewusster?

 

If a man does not keep pace with his companions, perhaps it is because he hears a different drummer. Let him step to the music which he hears, however measured or far away
Read more at: http://www.brainyquote.com/quotes/quotes/h/henrydavid141463.html
If a man does not keep pace with his companions, perhaps it is because he hears a different drummer. Let him step to the music which he hears, however measured or far away. Henry David Thoreau
Read more at: http://www.brainyquote.com/quotes/quotes/h/henrydavid141463.html

Schau auch mal auf meinen anderen Seiten vorbei:

www.begabungswerkstatt.de

Bis bald! Nathalie

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Mich mit meinen Ängsten zu beschäftigen ist deshalb ein wichtiger Teil meines Inneren Business-Plans. Eine Vision zu entwickeln, ohne meine Ängste zu betrachten, wäre sinnlos. Denn nur wenn meine Vision die echte Nathalie wiederspiegelt – und das ist eben eine mit Ängsten – kann ich an sie glauben und sie zur Richtschnur nehmen.

Mehr Gründe, die Angst zu einem Gespräch unter Freunden einzuladen, findet ihr in diesem Artikel auf entrepreneur.com .

Und hier muss jetzt unbedingt der Ted Talk kommen in dem Elizabeth Gilbert auf so bezaubernde Weise von der Angst zu scheitern erzählt, die auch daher kommt, dass wir uns selbst überschätzen, zuviel Genie von Kreativen erwarten. Wenn wir damit aufhören, verliert die kreative Arbeit einen Teil ihres Schreckens – ach all das kann Elizabeth selbst viel schöner beschreiben:

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